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Pressemitteilung

Hannover, 13.02.2025

Neue Studie der BGR:
Der heimischen Versorgung mit Gipsrohstoffen drohen Engpässe

Gips und Anhydrit sind aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften unverzichtbare Rohstoffe in der Bau- und Baustoffindustrie. Darüber hinaus werden hochreine Gipse für zahlreiche Spezialanwendungen benötigt. Bisher wurde ein großer Teil des heimischen Bedarfs durch den anfallenden Gips aus der Rauchgasentschwefelung der Kohleverstromung (REA-Gips) gedeckt. Durch den von der Bundesregierung geplanten Kohleausstieg wird diese Rohstoffquelle allerdings bis spätestens 2038 vollständig wegfallen. Eine BGR-Studie gibt jetzt einen Überblick über die Versorgungslage mit heimischen Gipsrohstoffen.

„Deutschland hat zwar insgesamt ausreichende Vorkommen an natürlichen Gipsrohstoffen, allerdings sieht die Raumplanung auch aus Naturschutzgründen nicht überall eine Gewinnung von Gips- und Anhydritstein vor“, erklärt Sören Henning, Autor der BGR-Studie „Gips und Anhydrit – Gipsrohstoffe in Deutschland“. „Zudem verfügt nicht jedes Bundesland aus geologischen Gründen über wirtschaftlich nutzbare Vorkommen. Das engt die Möglichkeiten für eine ausreichende überregionale Versorgung ein“, so Henning. Der BGR-Rohstoffexperte hat sich deshalb bei seinen Recherchen für den Bericht selbst einen Eindruck von der Situation vor Ort verschafft und einen Großteil der 63 aktiven Gewinnungsstellen in Deutschland besucht.

Seine Studie, die heute im Rahmen eines Industrieworkshops der zur BGR gehörenden Deutschen Rohstoffagentur (DERA) Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Fachbehörden vorgestellt wird, gibt neben einem Überblick über die deutschen Vorkommen von Gips- und Anhydritstein auch Informationen zu alternativen Gipsquellen und ihrer Verwendung in nachgelagerten inländischen Wertschöpfungsketten sowie zu aktuellen Entwicklungen. Trotz der derzeitigen Konjunkturschwäche der Bauwirtschaft wird insbesondere aufgrund der Notwendigkeit der Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum durch Neubau sowie den Aus- und Umbau von Bestandsbauten der Bedarf an Gipsprodukten weiterhin hoch bleiben.

Die Erschließung zusätzlicher natürlicher Ressourcen ist auch aufgrund von Naturschutzbelangen begrenzt. Zudem führen Abbauprojekte vor dem Hintergrund einer mangelnden öffentlichen Akzeptanz gegenüber der Rohstoffgewinnung häufig zu Konflikten. Daraus resultieren wiederum langwierige Genehmigungsverfahren für die Erweiterung oder Neuerschließung von Gewinnungsflächen und Unsicherheiten bei der Rohstoffsicherung in der Regionalplanung. „Zwar ist die Gewinnung mineralischer Rohstoffe immer auch mit einem Eingriff in die Natur verbunden, die Bestrebungen der gipsgewinnenden Unternehmen für einen naturverträglichen Abbau von Gipsrohstoffen sind allerdings zahlreich“, betont BGR-Experte Henning. So sind Renaturierungen und Rekultivierungen feste Bestandteile der Rohstoffgewinnung und ehemalige Steinbrüche leisten einen wichtigen Beitrag für den Natur- und Artenschutz. Um den Eingriff in die Landschaft möglichst gering zu halten, wird zur Deckung des heimischen Rohstoffbedarfs vermehrt auch wieder die untertägige Gewinnung von Gipsrohstoffen in Betracht gezogen.

Auf der anderen Seite rücken alternative Versorgungsquellen verstärkt in den Blick. Doch auch hier gibt es Einschränkungen. „Leider können eine Vielzahl der in technischen Prozessen anfallenden Gipse wie etwa Phosphorgips derzeit nicht oder nur bedingt in der Gipsindustrie eingesetzt werden“, erläutert Henning. So verhindern spezielle Eigenschaften, Verunreinigungen oder die inhomogene Beschaffenheit dieser Gipse sowie zu geringe anfallende Mengen eine Verwendung. Darüber hinaus ist der Einsatz alternativer Baustoffe auf Basis anderer mineralischer oder nachwachsender Rohstoffe aus bautechnischen und ökonomischen Gründen sowie der teils eingeschränkten Verfügbarkeit und Anwendungsmöglichkeiten nicht flächendeckend möglich. „Spezialgipse, deren geologische Vorkommen auf wenige Regionen beschränkt sind, lassen sich aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften in vielen Anwendungen nur schwer oder gar nicht durch andere Rohstoffe ersetzen“, so Henning.

Einer der Hauptgründe für den Bedarf zur Ausweisung weiterer Flächen zur Gewinnung von Naturgips ist der stetige Wegfall des REA-Gipses infolge des geplanten vollständigen Ausstiegs aus der Kohleverstromung. So schont die Zugabe von REA-Gips zu Naturgips, der über eine zu geringe Reinheit für die Herstellung von Baustoffen verfügt, aktuell noch die natürlichen Ressourcen. Weiterhin müssen die zahlreichen Gipswerke, die speziell für den Einsatz von REA-Gips in der Nähe von Kohlekraftwerken errichtet wurden und vor allem Gebiete mit fehlenden natürlichen Gipsvorkommen beliefern, durch Rohstoffimporte oder Naturgips aus anderen inländischen Regionen versorgt werden. „Zwar leistet das Recycling einen steigenden Beitrag an der Versorgung mit Gips. Allerdings reicht die dort anfallende Menge auch perspektivisch nicht aus, um den Wegfall von REA-Gips vollständig zu kompensieren“, betont Henning. „Um die Potenziale des Gips-Recyclings voll ausschöpfen zu können, müssten die dringend notwendigen Hemmnisse für den Einsatz von Recycling-Gips beseitigt werden“, so der BGR-Rohstoffexperte. Hierzu wurde von der DERA im Rahmen der Dialogplattform Recyclingrohstoffe kürzlich ein Steckbrief mit Handlungsempfehlungen als Bericht veröffentlicht.

Informationen zur Gewinnung von Gips und Anhydrit in Deutschland:
Derzeit werden in Deutschland aus 63 Gewinnungsstellen Gips- und Anhydritstein gewonnen. Davon sind neun komplett oder teilweise untertägig. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland rund 4,73 Millionen Tonnen Naturgips und -anhydrit gewonnen und in deutschen Kohlekraftwerken rund 3,4 Millionen Tonnen REA-Gips erzeugt. Darüber hinaus werden jährlich schätzungsweise 350.000 bis 500.000 Tonnen Fluoroanhydrit aus der heimischen Flusssäureproduktion, ca. 100.000 Tonnen Gips aus dem Recycling (ohne Wiederverwertung von Produktionsausschüssen) und ca. 50.000 Tonnen Zitronensäuregips aus Importen in der heimischen Gips- und Zementindustrie eingesetzt. Der Haupteinsatz von Gips und Anhydrit liegt in Deutschland in der Bau- und Baustoffindustrie. So werden jährlich etwa 87 Prozent des gewonnenen Gips- und Anhydritsteins sowie rund 76 Prozent des produzierten REA-Gipses für Gipserzeugnisse für den Bau und als Zuschlagstoff für die Herstellung und Verarbeitung von Zement eingesetzt. Im Jahr 2023 wurden rund 127.000 Tonnen Gips- und Anhydritstein sowie 97.000 Tonnen gebrannter Gips nach Deutschland importiert. Im gleichen Jahr wurden rund 736.000 Tonnen Gips- und Anhydritstein sowie ca. 754.000 Tonnen gebrannter Gips exportiert.

Weiterführende Informationen:

Studie „Gips und Anhydrit“:
https://www.bgr.bund.de/gipsrohstoffe_deutschland

„Steckbrief Gips“ Dialogplattform Recyclingrohstoffe:
https://www.recyclingrohstoffe-dialog.de/Recyclingrohstoffe/DE/Downloads/Dialogplattform%20Steckbrief-Gips.pdf?__blob=publicationFile&v=2


Fachlicher Kontakt BGR:
Sören Henning, T +49 511 / 643-3192, Soeren.Henning@bgr.de

Pressesprecher BGR:

Andreas Beuge, Tel.: 0511 643 2679, Mobil: +49 170 085 696 62
E-Mail: Andreas.Beuge@bgr.de

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