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Geochemische Kartierung von Acker- und Weidelandböden in Europa (GEMAS)

Land / Region: Europa

Projektanfang: 01.03.2008

Projektende: 30.06.2017

Projektstand: 01.11.2016

Das GEMAS Projekt (Geochemical Mapping of Agricultural and Grazing Land Soil) ist ein Kooperationsprojekt zwischen der EuroGeoSurveys Geochemistry Expert Group und dem Verband der europäischen Metallindustrie EUROMETAUX (Cobalt Development Institute, European Copper Institute, Nickel Institute Europe, European Precious Metals Federation, International Antimony Association, International Manganese Insitute, International Molybdenum Association, International Tin Research Institute, International Zinc Association, International Lead Association-Europe, European Borates Association, the Vanadium Consortium, the REACH Selenium and the Tellurium Consortium). Insgesamt sind an der Durchführung des Projektes weltweit über 60 internationale Organisationen und Institutionen beteiligt.

In den Jahren 2008 und 2009 wurden in 33 europäischen Ländern auf 5 600 000 km² insgesamt 2108 Ackerproben (Ap-Proben, 0–20 cm) und 2023 Grünlandproben (Gr-Proben, 0–10 cm) nach einheitlichen Richtlinien entnommen (Field Manual, http://www.ngu.no/en-gb/hm/Publications/Reports/2008/2008-038). In Deutschland wurden soweit möglich die Flächen der Boden-Dauerbeobachtung in die Beprobung einbezogen.

Hauptziel des von EUROMETAUX und EuroGeoSurveys gemeinsam initiierten Projektes war die Ermittlung von geochemischen Hintergrundwerten für die europäischen Landwirtschaftsböden sowie die Evaluierung von Leitparametern zur Charakterisierung der Elementverfügbarkeit in Böden. Auf der Basis der GEMAS Daten und ihrer Ergebnisse fertigte die europäische Metallindustrie bis Ende 2013 ihre REACH Dossiers für die EU Kommission an. Der GEMAS Atlas von Europa wurde planmäßig bis Ende 2013 abgeschlossen und liegt gedruckt in zwei Bänden im ersten Quartal 2014 vor; die kompletten Daten für alle beteiligten europäischen Länder werden auf einer im GEMAS Atlas beiliegenden CD für jeden Interessenten zur Verfügung stehen. Der Atlas wurde anlässlich des World Soil Day am 5. Dezember 2013 bei der FAO in Rom dem internationalen Fachpublikum vorgestellt und kann seit Februar 2014 bei Schweizerbart Science Publishers (order@schweizerbart.de) bestellt werden.

Im Zeitraum von Mitte 2014 bis Ende 2016 wurden an den GEMAS Proben weitere zusätzliche Untersuchungen (Messung der Farbspektren bei NGU, Messung der magnetischen Parameter an der Universität Kazan, Durchführung der CNS-Analytik an der TU Bergakademie Freiberg, Analytik der Sr Isotope an der ANU Canberra) durchgeführt und weitere internationale Publikationen (Download Publikationsliste) zur Interpretation der Ergebnisse veröffentlicht. In 2017 werden die beiden GEMAS Bände einschließlich der Daten digital zur Verfügung gestellt.


Chemistry of Europe´s Agricultural Soils – Part AREIMANN, C., BIRKE, M., DEMETRIADES, A., FILZMOSER, P. & O’CONNOR, P. (eds.) (2014): Chemistry of Europe’s Agricultural Soils. Part A: Methodology and Interpretation of the GEMAS Data Set. – Geol. Jb., B 102: 528 pp., 357 figs., 86 Tables, 1 DVD; Hannover. Quelle: BGR

Chemistry of Europe´s Agricultural Soils – Part BREIMANN, C., BIRKE, M., DEMETRIADES, A., FILZMOSER, P. & O’CONNOR, P. (eds.) (2014): Chemistry of Europe’s Agricultural Soils. Part B: General Background Information and Further Analysis of the GEMAS Data Set. – Geol. Jb., B 103: 352 pp., 121 figs., 65 Tables, 3 App.; Hannover. Quelle: BGR


Erstmals liegt für die europäischen Landwirtschaftsböden ein qualitätsgesicherter geochemischer Datensatz mit einer Belegungsdichte von 1 Probe pro 2500 km² vor, an dem in jeder Acker- und Grünlandprobe 53 Elemente mittels ICP-MS im Königswasseraufschluss, 41 Elemente mittels RFA als Gesamtgehalte, 55 Elemente mit ICP-MS in der mobilen Metallionenfraktion (MMI® – mobile metal ion extraction) sowie die Bleiisotopenverhältnisse mittels HR-ICP-MS, die MIR Spektren, die Korngrößenverteilung, die pH-Werte (0,01 M CaCl2), TC und TOC, TS, die effektiven Kationenaustauschkapazitäten und die Kd-Werte bestimmt wurden. Die Analysenergebnisse wurden einer eingehenden Qualitätskontrolle unterzogen und danach den beteiligten Ländern zur Verfügung gestellt. Insgesamt liegen drei QC-Berichte

und die Auswertung des durchgeführten Ringversuchs vor. Für die Qualitätssicherung wurden insgesamt 242 Doppelproben, zwei interne Projektstandards mit insgesamt 157 Kontrollproben sowie zwei internationale Referenzproben (ORIS – GeoScience Australia, SoNE-1 USGS) mit 20 Kontrollproben in die laufenden Probenserien einsortiert und ausgewertet.

Ergebnisse des Projektes wurden seit 2010 bei EUROMETAUX sowie auf internationalen Tagungen vorgestellt (Poster-Downloads: GEMAS 1, GEMAS 2, A new view of the lead isotopic soil landscape at the European continental scale). Eine Vielzahl internationaler Veröffentlichungen zu einzelnen Elementen in den europäischen Ackerböden sowie zu speziellen Teilthemen (z.B. Lössverbreitung, Risikobewertung u.a.) liegen bis heute vor (Download Publikationsliste).

Die vorliegenden Ergebnisse erlauben erstmals europaweit eine Evaluierung und Darstellung der Bioverfügbarkeit der Elementgehalte im kontinentalen Maßstab und ermöglichen damit eine reale Risikobewertung im Rahmen der REACH (Registration, Evaluation and Authorization of Chemicals) Vorgaben durch die ECHA (European Chemical Agency). Auf der Basis der MIR Ergebnisse und der in der BGR durchgeführten Korngrößenanalysen an ausgewählten Probenserien wurde von ‚CSIRO Land and Water‘ in Australien ein Vorhersagemodell für die Korngrößenzusammensetzung in europäischen Ackerproben abgeleitet.

Die Beprobung von ganz Europa in der gewählten niedrigen Probenahmedichte liefert insgesamt robuste geochemische Verteilungskarten. Bei der Auswertung der GEMAS Daten konnte ein signifikanter Konzentrationsunterschied vieler Elemente in den Landwirtschaftsböden zwischen Nord- und Südeuropa festgestellt werden. Die älteren und intensiv verwitterten Böden Südeuropas zeigen im Vergleich zu den jungen Böden Nordeuropas für verschiedene Elemente (z.B. As, Au, Be, Bi, Co, Cu, Hf, Li, Mn, Ni) eine Anreicherung um das Zwei- bis Dreifache an. Die Ergebnisse belegen in beiden Probenahmemedien (Acker- und Grünlandproben) weitgehend vergleichbare Elementverteilungsmuster. Die räumliche Verteilung erhöhter und anomaler Zirkoniumgehalte weist auf eine deutlich größere Lößverbreitung in Mittel- und Osteuropa hin als bisher bekannt.


Abb. 1: Strontiumverteilung in Ackerböden Europas (0-20 cm)Abb. 1: Strontiumverteilung in Ackerböden Europas (0-20 cm) Quelle: BGR, EGS Geochemistry Expert Group

Abb. 2: Strontiumverteilung in Weidelandböden Europas (0-10 cm)Abb. 2: Strontiumverteilung in Weidelandböden Europas (0-10 cm) Quelle: BGR, EGS Geochemistry Expert Group


Die Sr-Verteilung in den Oberböden Europas (Abbildungen 1, 2) weist viel eindrucksvoller auf den Einfluss des rezenten Vulkanismus (z.B. Zypern, Sizilien, Italienisches Festland) sowie aktiver Bruchzonen und Plattenränder als auf die Hauptverbreitungsgebiete der Kalksteine (außer Ostspanien, Südfrankreich, Italien und Pariser Becken) hin. Ein Sr-Eintrag durch den Einsatz von Düngemitteln ist nicht erkennbar (Abbildung 1). Auch die Uranverteilung verweist auf überwiegend geogene Einflussfaktoren (z.B. Granitverbreitung, Mineralisationen und Lagerstätten; Abbildungen 3, 4).

Ein scharfer Bruch in den gemessenen Elementgehalten ist entlang der südlichen Grenze der letzten Vereisung nachweisbar und hängt damit direkt mit der Geologie zusammen (Abbildung 1). Der geochemische Unterschied zwischen Nord- und Südeuropa macht es unmöglich, Bodenhintergrundwerte zu definieren, die für ganz Europa Gültigkeit hätten. Die Medianwerte in den unterschiedlichen nationalen Datensätzen unterscheiden sich bis um das Sechs- bis Hundertfache. Auch auf Grund dieser großen natürlichen Variabilität der Elementgehalte ist es für einige Elemente sehr schwierig, einen einheitlichen Hintergrundwert für Europa zu ermitteln.

In den geochemischen Elementverteilungskarten (http://issuu.com/ngu_/docs/gemas_brochure_issuu) spiegelt sich eindeutig der Einfluss der Bodenausgangsgesteine (Geologie) und des Klimas wider. Für mehrere Elemente (z.B. Hg, P, S, Se) ist die in den geochemischen Karten sichtbare regionale Verteilung stark von Klimafaktoren beeinflusst. Die teilweise ungewöhnlich hohen Metallkonzentrationen in den europäischen Landwirtschaftsböden sind in der Regel in Gegenden mit bekannten Lagerstättenbezirken oder im Zusammenhang mit einzelnen Erzvorkommen nachweisbar.

Mit anthropogen verursachten Konzentrationserhöhungen (z.B. Hg, Pb, Ag, Au) in den Landwirtschaftsböden werden einige wenige megaurbane Räume (z.B. London, Rotterdam, Paris und Kiew) abgebildet. Die Elementkonzentrationen nehmen sehr schnell (in der Regel exponentiell) mit dem Abstand zu ihren Ursachen ab. Diffuse Kontaminationen bleiben auf allen geochemischen Karten im gewählten europäischen Maßstab weitgehend unsichtbar. Allerdings ermöglicht die gesonderte Diskussion der Ergebnisse des sehr schwachen Probenauszuges (MMI®) die Identifizierung anthropogener Einflüsse auf die Böden (z.B. Düngemitteleinsatz bei U und P) und liefert gleichzeitig Hinweise für die Mineralexploration. Um anthropogene Einflüsse verlässlich erfassen zu können, wäre es notwendig, die geochemische Kartierung mit einer sehr viel höheren Probenahmedichte, also im lokalen Maßstab durchzuführen.


Abb. 3: Uranverteilung in den Ackerböden EuropasAbb. 3: Uranverteilung in den Ackerböden Europas Quelle: BGR, EGS Geochemistry Expert Group

Abb. 4: Uranverteilung in den Weidelandböden EuropasAbb. 4: Uranverteilung in den Weidelandböden Europas Quelle: BGR, EGS Geochemistry Expert Group


Die GEMAS Daten stellen unter Berücksichtigung der räumlichen Variabilität der Verteilung der Metallgehalte und deren Bioverfügbarkeit im Boden eine belastbare Datenbasis für weitergehende und robuste regionale Risikoabschätzungen in den europäischen Ackerböden dar. Weniger als 1% der Proben liegt über den festgelegten Bodengrenzwerten und weniger als 2% der Proben zeigt im Rahmen der Risikobewertung in überwiegend lokal begrenzten Bereichen (z.B. Cu in Weinbergen und Obstplantagen in Südfrankreich, Griechenland und Italien) eine Gefährdung (RCR=Risikoquotient > 1, RCR=PEC/PNEC, PEC > PNEC) auf der Basis des ermittelten Verhältnisses zwischen PEC (predicted environmental concentration, vorausgesagte wahrscheinliche Expositionskonzentration) und PNEC (predicted no-effect concentration, Schwellenwert für toxische Auswirkungen auf Bodenorganismen) an (Abbildungen 5 und 6).


Abb. 5: Verteilung der Kupfergehalte in den Ackerböden EuropasAbb. 5: Verteilung der Kupfergehalte (AR, ICP-MS) in den Ackerböden Europas Quelle: BGR, EGS Geochemistry Expert Group

Abb. 6: Verteilung der Risikoquotienten RCR für Kupfer in den Ackerböden EuropasAbb. 6: Verteilung der Risikoquotienten RCR (RCR=PEC/PNEC) für Kupfer in den Ackerböden Europas Quelle: BGR, EGS Geochemistry Expert Group


Kontakt:

    
Dr. habil. Elke Fries
Tel.: +49-(0)511-643-2814
Fax: +49-(0)511-643-3662

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