Nominierungen
Nominierungen
Die Jury hat in diesem Jahr sechs Unternehmen und zwei Forschungseinrichtungen für den Deutschen Rohstoffeffizienz-Preis nominiert.
Die Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs wurden am 25. Januar 2018 im Rahmen der Fachkonferenz „Rohstoffe effizient nutzen – erfolgreich am Markt“ ausgezeichnet.
Nominiert in der Kategorie „Unternehmen“
BTS GmbH
Aus alt mach neu: Remanufacturing für Turbolader spart Rohstoffe:
Die meisten Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor haben mindestens einen Turbolader, der die Verbrennungsluft verdichtet, die dem Motor zugeführt wird. Turbolader sorgen für eine höhere Motorleistung, niedrigeren Verbrauch und bessere Emissionswerte. Sie bestehen aus hochwertigen Materialien, daher ist Recycling umso wichtiger. Zudem werden immer mehr davon in Fahrzeugen verbaut, dazu führt der Downsizing-Trend für Motoren – also Verkleinerung bei gleicher oder ähnlicher Leistungsfähigkeit. Die BTS GmbH nutzt Bauteile ausgemusterter Turbolader für die Herstellung neuer Exemplare. Beim Kauf eines neuen Turboladers geben Kunden ihren kaputten ab. Die BTS GmbH sortiert und begutachtet die Altteile. Was weiterverwendet werden kann, wird demontiert, gereinigt und mit den dazugehörigen Ersatzteilen zu einem neuen Exemplar zusammengebaut. Den so entstandenen Turbolader verkauft die Firma nach einem Testlauf – Erstausrüsterqualität ist garantiert.
Im Vergleich zur Neuherstellung sinkt der Materialaufwand um 98 Prozent, der CO2-Ausstoß um 37 Prozent. Jährlich nimmt die BTS GmbH circa 23.000 Altteile zurück. Davon recycelt sie etwa 1.000 Stück selbst, einen weiteren Teil verkauft sie zur Aufbereitung weiter.
Cronimet Envirotec GmbH
Recycling öl- und metallhaltiger Industrieschlämme:
In Deutschland entstehen über 200.000 Tonnen metallhaltige Schlämme pro Jahr. Sie sind überwachungspflichtig und werden als „gefährlicher Abfall“ deklariert. Die Entsorgung erfolgt meist auf Deponien oder in teuren Verbrennungsanlagen, wobei wertvolle Ressourcen verloren gehen. Cronimet Envirotec (CE) setzt an dieser Stelle an: Das junge Unternehmen recycelt metall- sowie ölhaltige Industrieschlämme in einem Vakuum-Destillationsprozess. Dabei bleiben die Eigenschaften der Metalle und somit ihr Wert erhalten. Kontaminationen, die oft durch gebundenes Öl entstehen, werden entfernt, sodass das Material nicht mehr überwachungspflichtig ist. Die gewonnenen Produkte fließen anschließend als recyceltes Schleiföl, Rohmetall oder Legierung zum Beispiel für Gießereien oder Stahlwerke in den Stoffkreislauf zurück. Seit Inbetriebnahme recycelte CE so mehrere Tausend Tonnen öl- und metallhaltige Schlämme sowie Katalysatoren, unter anderem aus den Industriezweigen Automotive, Luftfahrt, Petrochemie und Oberflächentechnik. Außerdem wurden bereits über 100.000 Liter Bohröl aus der Erdölföderung wiedergewonnen.
Hier ist das Recycling deutlich weniger energieintensiv als die Primärförderung. Das Portfolio wird stetig ausgeweitet und neue Märkte und Materialien erschlossen.
MoreAero GmbH
Mobiles Flugzeugrecycling:
Ausgediente Flugzeuge werden meist auf Flugzeugfriedhöfen geparkt, um Ersatzteile auszubauen. Ein hochwertiges und ganzheitliches Recycling findet noch nicht statt. Darauf hat ein Konsortium reagiert, das im Rahmen des BMBF geförderten Forschungsprojektes MORE-AERO ein dezentrales Flugzeugrecyclingsystem entwickelt hat. Partner sind die Keske Entsorgung GmbH, die Süderelbe AG, die Stute Logistics (AG & Co. KG) und das Institut für Aufbereitung der Technischen Universität (TU) Clausthal. Auf Basis der Ergebnisse des Forschungsprojektes wurde die MoreAero GmbH ausgegründet. Ihre mobile Zerlegeeinheit ermöglicht es, nicht mehr flugtaugliche Maschinen weltweit zu recyceln. Das Material wird vorzerkleinert und in jeweils geeignete Recyclinganlagen transportiert. Das Geschäftsmodell ist nach Recherchen der Firma eine Weltneuheit. International stehen nach Studien der TU Clausthal in den nächsten 15 Jahren circa 456.000 Tonnen Altflugzeuge zum Recycling zur Verfügung. Mindestens 60 Prozent der Altflugzeug-Masse sind stofflich verwertbar, weitere Anteile energetisch oder als Bauteile. Der Materialwert beträgt etwa 286 Millionen Euro.
Der Ansatz von MORE-AERO lässt sich auch auf andere großvolumige Investitionsgüter mit Multimaterialverbunden übertragen wie auf Windenergieanlagen.
OBE Ohnmacht & Baumgärtner GmbH & CO. KG
Recycelte Hartmagneten aus Seltenen Erden:
Bei der Produktion von Hochleistungsmagneten aus Neodym-Eisen-Bor-Verbindungen entsteht viel Stoffabfall. Zudem fallen beim Abbau der Seltenen Erde Neodym Schadstoffe an, welche die Umwelt belasten. Die OBE Ohnmacht & Baumgärtner (OBE) hat deshalb gemeinsam mit anderen Firmen sowie britischen, österreichischen und slowenischen Forschungseinrichtungen eine innovative Herstellungsmethode für Hochleistungsmagnete entwickelt: Mit ihrem SDS-Verfahren („shaping, debinding and sintering“) lassen sich Magnete mit komplexer Geometrie aus 100 Prozent Recyclat fast abfallfrei herstellen. Durch eine spezielle Temperatur- und Gasführung während der Verarbeitung haben solche Magnete über 95 Prozent der relevanten Stoffeigenschaften des Neumaterials. Das abgewandelte Metallspritzgussverfahren spart darüber hinaus noch Bearbeitungsschritte und senkt den Zerspanungsabfall um bis zu 90 Prozent. Die Erfindung hat Potenzial: Magnete aus Seltenen Erden wie Neodym werden immer öfter eingesetzt, etwa für Sensoren, in der Elektromobilität und in der Energiegewinnung.
Im Jahr 2050 könnten nach Schätzungen rund 50.000 bis 150.000 Tonnen recycelbares Material in der Europäischen Union zur Verfügung stehen statt wie aktuell rund 2.000 Tonnen.
Technisches F & E-Zentrum für Oberflächenveredlung und Hochleistungszerspanungswerkzeugbau
Neues Verfahren zur Herstellung von Metall-Karbiden:
Die Abnutzung von Werkstoffen kostet die deutsche Wirtschaft jährlich mehr als 40 Milliarden Euro. Die meisten Werkzeuge bestehen aus Hartmetallen und hochlegierten Stählen, deren Zusätze – zum Beispiel Wolfram, Vanadium, Cobalt, Chrom, Molybdän – selten, begehrt und teuer sind. Dem Technischen F & E-Zentrum für Oberflächenveredelung und Hochleistungszerspanungswerkzeugbau ist es nach etwa 26 Entwicklungsjahren gelungen, die Lebensdauer von Werkzeugen aus hochlegiertem Stahl um ein Vielfaches zu verlängern: mit dem „3D-TT-CVD-Verfahren“. Der hochenergetische Prozess der Oberflächenveredelung ermöglicht die Herstellung von superharten und abriebresistenten Werkstoffen wie Metall-Karbiden im Tieftemperaturbereich (480 °C – 600 °C). Erstmals lassen sich damit Funktionsflächen von Zerspanungs-, Umform- und Spritzgießwerkzeugen bei so niedrigen Temperaturen beschichten. Im genutzten Vakuumprozess können alle an der Herstellung des Metall-Karbids beteiligten Elemente gezielt gemischt und abgeschieden werden. Dabei wird im Vergleich zu den bekannten Hochtemperatur- CVDund PVD-Verfahren nur ein winziger Bruchteil der Elemente benötigt.
Die entstehenden Haftstoffe zeichnen sich unter anderem durch einen niedrigen Reibungskoeffizienten sowie eine hohe Wärme- und Oxidationsbeständigkeit aus.
TOHO TENAX EUROPE GmbH
Geschlossener Kreislauf thermoplastischer Verbundwerkstoffe:
Die Toho Tenax Europe GmbH stellt Kohlenstofffasern und hierauf basierende Hochleistungsverbundwerkstoffe her: Sie liefert thermoplastisch konsolidierte Laminate (TPCL), beispielsweise für Clips und Klammern in der Rumpfstruktur von Flugzeugen. Hochleistungsverbundwerkstoffe sind Ressourcenschoner, da sie Flugzeuge leichter machen und somit Treibstoff einsparen. Allerdings fällt bei der Laminat-Herstellung Verschnitt an, der bisher nicht genutzt wurde. Das hat die Toho Tenax Europe GmbH nun geändert. Sie verbindet den Verschnitt aus der Laminatherstellung, ein thermoplastisch benetztes Kohlenstofffasergewebe, mit dem recycelten Hochleistungspolymer PEEK. Die beiden Zutaten werden in einem speziellen Compoundierungsverfahren zu einem Granulat umgearbeitet, aus dem im Spritzgussverfahren neue Bauteile hergestellt werden, zum Beispiel für Flugzeuge. Der entstandene Verbundwerkstoff hat nahezu identische Leistungseigenschaften wie ein Werkstoff aus Neumaterial – nach Angaben der Toho Tenax Europe GmbH bei 66 Prozent weniger Umweltbelastung (LCA) und einem um circa 50 Prozent niedrigeren Preis.
In Zukunft will das Unternehmen den Recyclingkreislauf auch auf andere thermoplastische Rohstoffe übertragen, wie etwa auf TCPL-Restgitter.
Nominiert in der Kategorie „Forschungseinrichtung“
Fraunhofer-Istitut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Spritzlackierung ohne Lackverluste:
Overspray, also Lacknebel, der nicht auf dem Werkstück landet, ist eines der größten Probleme in der Lackiertechnik. Durchschnittlich 50 Prozent des Lacks bleiben als Lacknebel ungenutzt. Er muss mit hohem Energieaufwand aufgefangen und entsorgt werden. So gehen auch seltene Rohstoffe verloren. Die neue Technologie des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA verhindert Overspray ganz: Lacktröpfchen werden definiert erzeugt und auf die Oberfläche „geschossen“. Es geht kein Lack verloren und der Energiebedarf in der Produktion sinkt deutlich. Als Markteinstieg soll die Technologie genutzt werden, um die immer gefragtere Mehrfarbenbeschichtung deutlich effizienter zu gestalten, indem zum Beispiel die Maskierung unnötig wird. Das zeigt ein Modellprojekt mit der Hertfelder GmbH zu Spiegelgehäusen von Fahrzeugen. Die Verbreitung am Markt soll alle Spritzlackiervorgänge oversprayfrei machen.
Bei einem Einsatz von 566.000 Tonnen Industrielack in Deutschland pro Jahr (Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie) könnten hierzulande ungefähr 125.000 Tonnen Lack im Wert von etwa 1 Milliarde Euro eingespart werden – unter der Annahme, dass circa 50 Prozent der Lacke mit Spritzlackierung verarbeitet werden.
Ludwig-Maximilians-Universität München
Sortenreines Sortieren von Kunststoffen ermöglicht Recycling:
Kunststoffrecycling ist eine Herausforderung: Das wiederaufbereitete Material verschlechtert sich durch Vermischung verschiedener Sorten. Bereits ein kleiner Anteil Fremdmaterial reicht dafür aus. Was recycelt werden soll, muss daher vorher sortenrein sortiert werden. Der Bedarf nach einem genauen Sortierverfahren ist hoch, denn Recycling schont fossile Rohstoffe, besonders Erdöl, und verbraucht weniger Energie als die Neuproduktion. Ohne Wiederaufbereitung wächst zudem das Kunststoffmüllproblem. Die Fakultät für Chemie und Pharmazie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat in Versuchen technische Kunststoffe mit UV-Licht bestrahlt und entdeckt, dass sie für Nanosekunden stark selbst nachleuchten. Die jeweilige Leuchtzeit ist für eine bestimmte Kunststoffsorte charakteristisch. Dieser „Fingerabdruck“ ermöglicht sortenreines Sortieren. So können sehr ähnliche Materialien wie die Polyethylene LDPE, HDPE und UHDPE oder schwerer trennbare wie PET und PVC eindeutig unterschieden werden. Es lassen sich auch Kontaminationen feststellen, zum Beispiel bei lebensmittelrelevanten Kunststoffen.
Die entwickelte Lösung ist marktfähig – Patente sind bereits an Unternehmen verkauft. Zurzeit wird in der Industrie eine vereinfachte Messanordnung zum Massen-Einsatz des Trennverfahrens entwickelt.
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