BGR koordiniert Untersuchungen von Bergbauschäden in Staßfurt
Seit 2006 führt die BGR in der ehemaligen Salzstadt Staßfurt (Sachsen-Anhalt) im Rahmen eines Forschungsverbundvorhabens umfangreiche geowissenschaftliche Untersuchungen zu den Folgeschäden des früheren Kalibergbaues durch. Dabei leisten die Wissenschaftler nicht nur Grundlagenarbeit. Ihre Geodaten sollen den Stadtplanern auch mehr Sicherheit bei künftigen Vorhaben geben und so nachhaltig die Entwicklung Staßfurts und anderer Städte mit vergleichbaren Bergschadenbildern stärken.
„Unsere Arbeit steht unter dem Motto: Erkennen – Beschreiben – Prognostizieren für die nachhaltige Nutzung“, sagt Johannes Gerardi. Der BGR-Geologe ist als Koordinator verantwortlich für das bis Ende 2010 in Staßfurt laufende Forschungsverbundvorhaben „Dynamik abgesoffener oder gefluteter Salzbergwerke und ihres Deckgebirgsstockwerks“.
„Wir untersuchen alle Prozesse, die letztlich zu den Senkungen oder Tagesbrüchen im Bereich der ehemaligen Salzbergwerke am Staßfurter Sattel geführt haben“, erklärt Gerardi. Als Folge der Bergbauschäden waren in den letzten hundert Jahren weite Teile der Innenstadt abgerissen worden. Zur Arbeit der Wissenschaftler gehören kontinuierliche Langzeitbeobachtungen, bei denen die Bodenerschütterungen im Staßfurter Senkungsgebiet gemessen werden.
Die BGR richtete fünf zusätzliche Seismometerstationen ein, um die Arbeit des Landesamtes für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt (LAGB) zu unterstützen. Ergänzt wird das Programm durch umfangreiche hydrogeologische Untersuchungen, eine flächendeckende Hubschrauber-Elektromagnetik, bodengeophysikalische Sondierungen, Tiefbohrungen im Bereich der alten Grubenbaue von Staßfurt und Leopoldshall sowie zahlreiche seismische Profilmessungen und geomechanische Modellrechnungen. Außerdem wurde eine Datenbank zur Aufnahme der Forschungsergebnisse eingerichtet (siehe Abb.: Ergebnisse der per Hubschrauber durchgeführten elektromagnetischen Messungen im Gebiet des Staßfurt-Egelner Salzsattels).
„Der Bergbau in Staßfurt hat zu Beeinträchtigungen der Umwelt geführt. Jetzt geht es darum, genau zu analysieren, wo es Schwachstellen im geologischen System gibt und welche Konsequenzen daraus für die künftige Stadtplanungen zu ziehen sind“, erklärt Forschungskoordinator Gerardi.
Am Forschungsverbund sind zehn Partner beteiligt. Neben der BGR als koordinierende Institution sind dies das ebenfalls im GEOZENTRUM Hannover beheimatete Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (führt die seismischen Messungen durch), die Technische Universität Clausthal (berechnet die geomechanischen Modelle), die Brandenburgische Universität Cottbus (führt das hydrogeologische Monitoring und die hydrochemische Analytik aus), das Institut für Interdisziplinäre Isotopenforschung an der Universität Leipzig (misst die Ausbreitung von Tracern auf Mikrorissen in Salinargesteinen), die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (stellt hochauflösend in 3D das Gefüge der Salinargesteine dar), die Gesellschaft für Ingenieur-, Hydro- und Umweltgeologie mbH, Stendal (erstellt Schichtenverzeichnisse von Bohrungen und betreut die Hydrogeologie), die DHI-WASY GmbH, Berlin (erstellt ein hydraulisches 3D-Transportmodell), die K-UTEC Salt Technologies AG, Sondershausen (erstellt Höhendifferenzkarten, beschreibt die Bergschadenhistorie und bewertet die Salzlösung im Untergrund) sowie das Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt (stellt umfangreiches Datenmaterial über den Bergbau und Bohrungen sowie fachliche Unterstützung zur Verfügung).
Neben den zuvor genannten 3D-Modellen erstellt BGR ein dreidimensionales Modell der ehemaligen Staßfurter Salzbergwerke. Gerardi: „Der Vorteil dieser virtuell erzeugten Darstellung liegt darin, dass der Betrachter durch die 3D-Projektion eine echte räumliche Vorstellung von den Grubenbauen erhält. Die Modelle helfen, die komplexen Bergwerksstrukturen in Staßfurt besser verstehen zu können.“ Der Öffentlichkeit werden sie im November 2010 im Rahmen einer wissenschaftlichen Tagung in Staßfurt präsentiert. Später sollen die 3D-Modelle als Dauerausstellung im geplanten neuen Staßfurter Verwaltungsneubau (Kompetenzzentrum) gezeigt werden. Dort, am Markt, stand früher das alte Rathaus. Es musste aufgrund von Bergschäden abgerissen werden.
Das Verbundprojekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 7 Millionen Euro gefördert. Dazu kommen Investitionen des Landes Sachsen-Anhalt in Höhe von etwa 2 Millionen Euro für Tiefbohrungen sowie ein Eigenanteil der beteiligten Firmen von weiteren rund 0,7 Millionen Euro.
„Der Fortgang des Projektes ist auch ein Verdienst der Bürger, der Stadt Staßfurt und der Region. Sie haben die Arbeit der Wissenschaftler stets unterstützt“, betont Forschungskoordinator Gerardi. Die Geodaten stehen dem Land Sachsen-Anhalt und der Stadt Staßfurt für weitergehende Arbeiten zur Verfügung. Darüber hinaus könnte das von der Bundesregierung geförderte Forschungsprojekt auch ein Beispiel für andere ehemalige Bergbauregionen sein.
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